"Was hatte ich für ein Glück, an dieser Hochschule zu sein!"

Prof. Norbert Schlottmann in den Ruhestand verabschiedet

Wer ihn kennt, kennt ihn mit einem aufrichtigen Lachen im Gesicht. Oder in Motorrad-Kluft gekleidet. So wenig Prof. Norbert Schlottmann wie ein klassischer Banker aussieht, so stark schlägt sein Herz für das Bankwesen und die Qualifikation seiner Studierenden für diese spannende Branche. Vielleicht ahnte er das schon nach seinem Abitur, als er sich trotz Einsen in Chemie, Biologie und Physik nicht für ein naturwissenschaftliches Studienfach, sondern für ein VWL-Studium an der Universität des Saarlandes entschied. Weiter ging es bei der Dresdner Bank AG – und dem ersten Kontakt zur DHBW Mannheim, damals noch Berufsakademie (BA), wo er dual Studierende der BA betreute. 1995 war es dann soweit: Nach 10 Jahren bei der Dresdner Bank startete er seine berufliche Laufbahn als Professor an der Berufsakademie Mannheim.

Umtriebiger Macher und Brückenbauer

Zum Glück für seine Studierenden. 30 Jahre lang lehrte Prof. Schlottmann mit Begeisterungsfähigkeit und Freude im Studiengang BWL - Bank. Um in der sich stets wandelnden Branche up to date zu sein und frisches Wissen an seine Studierenden weitergeben zu können, legte er großen Wert auf die eigene fachliche Weiterbildung. Auch an der Hochschule blieb er in Bewegung: Er entwickelte spannende Planspiele, nahm mehrmals mit Studierenden-Teams am Postbank Finance Award teil – dem höchstdotierten Hochschulwettbewerb Deutschlands, ist Mitbegründer der Bank…Verbindung e. V. (heute Finance & Friends), einem Alumni-Netzwerk, dem mittlerweile über 1 000 Mitglieder angehören, und initiierte fruchtbare internationale Kooperationen, dank derer DHBW-Studierende einzigartige Erfahrungen sammeln durften: Von 2017 bis 2022 pflegte die Studienrichtung Bank eine lebendige Hochschulpartnerschaft mit der Staatlichen Universität Kursk in Russland, seit 2023 ist die Kooperation mit der Universidad Latinoamericana de Ciencia y Tecnología (ULACIT) in Costa Rica aktiv.

Beliebt bei Studierenden und Kolleg*innen

War es das? Nein! Wo DHBW-Aktivitäten außerhalb des Hörsaals an den Start gingen, war auch Prof. Schlottmann nicht weit – von Rad-Challenge bis DHBW-Wanderung auf dem "Cassic Sweden Trek". Das Fazit ist klar: Prof. Schlottmann ist DHBWler aus Leidenschaft. Kein Wunder, dass er bei Studierenden und Kolleg*innen beliebt ist – und ihm bei seiner Verabschiedung Ende März in kleinem Rahmen mit aufrichtig freundlichen Worten gedankt wurde. "Für die Unterstützung und Kollegialität", so Prof. Stefan Hilbert aus BWL - Finanzdienstleistungen, "für die Hilfsbereitschaft und das Engagement", so Prof. Dr. Jörg Baumgart, Prorektor der Fakultät Wirtschaft. Gerührt von der Herzlichkeit formulierte Prof. Schlottmann es als großes Glück, an der Dualen Hochschule aktiv sein zu dürfen, wo es zahlreiche "Möglichkeiten für Macher*innen gibt".

Prof. Norbert Schlottmann im Gespräch

30 Jahre im Dienst – gestartet hat er, als der Dax noch bei 2 100 Punkten lag. Im Interview werfen wir mit Prof. Schlottmann einen Blick zurück auf seine Zeit an der DHBW Mannheim und die Veränderungen der Bank-Branche.  

Herr Prof. Schlottmann, wie haben Sie Ihren Start an unserer Hochschule in Erinnerung?

Als ich am 2. Januar 1995 gegen 9:00 Uhr damals noch im Coblitzweg meinen ersten Arbeitstag an der Berufsakademie Mannheim antrat, war ich a) ziemlich einsam im Gebäude b) ziemlich gespannt, wie wohl die Kolleginnen und Kollegen sein würden c) unsicher, ob ich die richtige Berufsentscheidung getroffen hatte, und natürlich d) voller Hoffnung, dass denn meine Erwartungen an die Studis der Fachrichtung Bank erfüllt werden würden. Heute – nach fast 30 Jahren – stelle ich für mich persönlich fest: Alles richtig gemacht! Ich blicke total glücklich auf 3 Jahrzehnte Lehrtätigkeit zusammen mit den besten Kolleginnen und Kollegen an jeder Stelle bei uns im Haus und ganz tollen, feinen und lobenswerten jungen Leuten zurück.

Wie viele Studierenden haben Sie in der Zeit begleitet, wie viele Prüfungen abgenommen?

Es müssen etwas mehr als 2 000 Absolventinnen und Absolventen sein, die ich auf eine anspruchsvolle und abwechslungsreiche Tätigkeit in der dynamischen Finanzindustrie vorbereiten durfte. Die Studis haben mich neben den Vorlesungen, Planspielen und Seminaren auch sonst noch tüchtig mit Arbeit versorgt. Ich schätze, gut 300 Diplomarbeiten, Seminararbeiten und Bachelorarbeiten betreut zu haben. Die Anzahl der zu korrigierenden Klausuren geht in die Tausende – nicht rückwirkend zählbar für mich plus natürlich einige mündliche Abschlussprüfungen und Präsentationen von studentischen Projekten.

Die DHBW Mannheim sowie die Bankenbranche zu Beginn Ihrer Tätigkeit und heute – was hat sich verändert?

Die Bankenbranche ist heute völlig anders aufgestellt, als ich es vor meiner DHBW-Zeit bei der Dresdner Bank AG erlebt habe. Die technologische Entwicklung durch das Internet, das Smartphone mit den Financial Apps, internationale Mitspieler am Markt, neue Produkte und immer wieder geänderte gesetzliche/regulatorische Entwicklungen sind Teil einer unheimlich schnellen Dynamik. Diese hat uns – die Lehrenden an der DHBW und auch die jungen Berufsanfänger*innen im Banking – immer wieder vor neue Anforderungen und Anpassungen gestellt. Stillstand hätte Rückschritt bedeutet. Auch die Art zu Lehren wurde anders. Unternehmens- und Wirtschaftssimulationen, Fallstudien und Projekte haben längst einen Teil klassischer Lehre mit Frontalunterricht ersetzt. Zum Glück!

In den 30 Jahren ist auch sonst vieles passiert. Die Berufsakademie wurde zur Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Ein riesen Schritt für unsere Einrichtung. Der Abschluss endlich national und international anerkannt und wertschätzbar. Die DHBW wurde zur größten Hochschule im Land – unsere Absolvent*innen von den Firmen gesucht und im Karriere-Erfolg.

Möchten Sie einige Beispiele für besonders herausragende Bank-Alumni nennen?

Von "meinen" war einer das jüngste Vorstandsmitglied einer europäischen Großbank; ein anderer, der bei mir seine Studien- und Diplomarbeit über "High Yield Bonds" verfasste, ist heute Geschäftsführer und Eigentümer einer kleinen, feinen und hoch-produktiven Investment-Boutique mit bester Adresse in Frankfurt am Main. Mein guter Freund Stefan ist Vorstand einer großen Sparkasse der Metropolregion und Luzie ist Professorin an der Hochschule in Worms. Nur vier Beispiele – die Aufzählung könnte noch länger sein. Letztlich bin ich aber auf alle, die bei mir erfolgreich studiert haben, stolz!

Welche besonderen Erinnerungen verbinden Sie mit Ihrer Lehrtätigkeit?

Die 30 Jahre waren für mich als Hochschullehrer von ganz besonderen Ereignissen geprägt. 1999 wurde die D-Mark durch den EURO ersetzt. Die Geldpolitik wurde in verschiedenen Krisen quasi "neu erfunden" und sogar Negativ-Zinsen musste ich erklären. Zuletzt waren wir nach sehr langer Zeit der Währungsstabilität wieder mit hoher Inflation konfrontiert. Der Krieg Russlands in der Ukraine hat auch meine tolle Partnerschaft und Kooperation mit der Staatlichen Russischen Universität in Kursk "kaputt gemacht". Mehrmals war ich seit 2017 entweder zu Meetings oder mit Studierenden aus BWL - Bank und BWL - FDL in Russland gewesen. Für alle eine unvergessliche Zeit. Mit Rückhalt durch unseren Rektor Prof. Dr. Nagler durfte ich 2023 eine neue Hochschulpartnerschaft in Costa Rica begründen. Ein ähnlich spannendes Projekt wie in Kursk. Ich hoffe, dass ich auch als Pensionär hier noch etwas bewegen und unsere Studis lateinamerikanische Luft schnuppern lassen kann.

Ein mir immer in Erinnerung bleibendes Abenteuer mit Kolleg*innen, nicht nur aus Mannheim, sondern auch von anderen DHBW-Standorten, war im Sommer 2019 der "Classic Sweden Trek" auf dem Kungsleden hoch oben im Norden Lapplands. Wir waren ca. 12 Leute und mein treuer Foxterrier Yoda zu Fuß mit Sack und Pack 5 Tage lang über ca. 120 km in traumhafter Natur unterwegs. Ein super Team-Training mit Lagerfeuerromantik, Trockenfutter aus der Tüte (hin und wieder eine Dose schwedisches Bier) und blutigen Blasen an den Zehen.

Rückblickend waren eigentlich all die vielen Jahre an der DHBW auch so was wie eine Abenteuer-Wanderung! Super gute Mitwander*innen, immer wieder neue Aussichten und Einblicke in die Welt, mitunter anstrengend, aber sowas von lohnend und erfüllend – was will ich mehr!

Und wie geht es nun weiter?

In der ersten April-Woche war ich in Madrid an der Europäischen Wirtschaftsakademie und unterrichtete VWL - Geld. An der DHBW werde ich den ein oder anderen Lehrauftrag übernehmen und diesen Sommer noch das Austauschprogramm mit Costa Rica betreuen. Außerdem habe ich mich an der Universität Heidelberg eingeschrieben und werde Geowissenschaften studieren.

Vielen Dank, alles Gute und viel Freude bei Ihren nächsten Aufgaben, Herr Prof. Norbert Schlottmann!